Karl May, Agatha Christie & Stephen King
Zugegeben: Ich war schon immer ein kleiner Sonderling, lange Zeit auch ein Suchender. Was vielleicht auch erklärt, weshalb ich über Jahre nicht wirklich wusste, welchen Platz die Welt da draußen für mich bereit hält. Klingt komisch, ist es auch. Ich verkroch mich lieber in Bücher, kaum dass ich A und B auseinander halten konnte, und verlor mich in den Welten von Karl May, Agatha Christie, später Stephen King. Das waren jene drei Autoren, deren Bücher mich als Kind faszinierten.
Ich eiferte ihnen nach und begann selbst zu schreiben, auf der alten Schreibmaschine meiner Mutter. Die Vorstellung, mit dem Selbstfabrizierten Geld zu verdienen, war allerdings abwegig. Der Gedanke kam mir nicht einmal. Ich schrieb Kurzgeschichten, versuchte mich an dem einen oder anderen Roman, gab sie Verwandten und Bekannten zu lesen, die sich positiv äußerten, was sonst? Danach verschwand alles in die Schublade (naja, bei mir war's ein Aktenordner).
Mein Berufsziel war, ungelogen: Lokomotivführer.
Auf der Suche.
Damit verging die Zeit, irgendwie dröge, unspektakulär. Mädels? Heimliche Schwärmereien vielleicht, aber nichts von Bedeutung. Discos? Abgesehen davon, dass es bei uns auf dem Dorf sowas nicht gab (von den gelegentlichen Tanznachmittagen im örtlichen Pfarrheim abgesehen), interessierte es mich überhaupt nicht. Was auch daran lag, dass ich die Musik der späten 70-er, vor allem aber der 80-er absolut ätzend fand. Nichts für mich. Ganz, ganz schlimm! Weiß der Teufel, was die Mädels und Jungs in der Klasse von mir dachten. War mir aber auch egal.
Ich war auf der Suche. Wonach eigentlich? Vielleicht nach mir selbst.
Als ich 15 war, im Sommer, schrieb die Lokalzeitung einen Wettbewerb aus: Die Leser sollten ihr schönstes Ferienerlebnissen berichten. Zugegeben, meine Geschichte war erstunken und erlogen, aber sie fand große Begeisterung, wurde veröffentlicht und ich bekam einen Preis – Freikarten für einen Freizeitpark. Die Woche drauf schickte ich eine weitere Geschichte ein, voller Begeisterung darüber, dass es tatsächlich noch andere Leute gab, die sich a) für meine Erzählungen begeisterten und b) mich dafür entlohnten. Zwei Tage später rief der Redakteur bei mir an: Sie könnten zwar nicht noch eine Erzählung von mir veröffentlichen, auch andere Leser sollten zum Zuge kommen, aber meine Schreibe würde ihnen gefallen, ob ich nicht als Mitarbeiter bei ihnen anfangen wolle – gegen Honorar, versteht sich.
Wollte ich.
Der Teufel.
Ich schrieb wie der Teufel, über Vereine, Sport, Politik, Theater, Konzerte, Skandale und alles andere, was im Lokalen anfiel. Es gab kein Thema, das ich nicht aufgriff. Plötzlich wusste ich, wo mein Platz war, zumindest beruflich gesehen. Ich wollte Journalist werden. Wurde ich dann auch.
Ich versuchte mich weiterhin ab und zu an Kurzgeschichten, eine wurde sogar während der Oberstufe im Deutschunterricht besprochen, daran erinnere ich mich noch genau. Vermutlich war das Vertrauen, das mir mein Deutschlehrer damals in Sachen Schriftstellerei einflößte, der Grund, dass ich diesen Traum nie wirklich aus den Augen verlor.
Privat kam die Wende mit 18. Meine erste Freundin trennte sich von mir, ich dachte, die Welt geht unter. Meine Schwester Nicole schleppte Tapes an – gemixt und mit Techno. Das war Anfang der 90-er, da machte es klick. Von da an führte es mich jedes Wochenende nach Köln, in den Space Club, ins Warehouse. Gerade hatte ich mein Abi in der Tasche, absolvierte mein Volontariat. Aber das war mir jetzt – offen gestanden – egal. Ich lebte für das Wochenende, wollte Techno, Underground, Subkultur. Und den Spaß, der damit einher ging.
Schreiben & Spaß.
Und dem bin ich bis heute treu geblieben. Dem Schreiben. Dem Techno. Der Szene. Den Subkulturen. Und dem Spaß. Mainstream ist mir zuwider. Mittelmaß langweilig. Ich suche das Extrem. Ich bin das Extrem. Nicht umsonst heißt eine Buch-Reihe, die ich als
Christoph Brandhurst veröffentlichte: »Extrem!«
Seit 1997 arbeite ich als Schriftsteller, seit 2001 in Berlin. Wohl keine andere Stadt bietet mehr Inspiration für einen Menschen, der ein Faible für das urbane Leben, für Subkultur und Szene hat.
Das Ergebnis sind Bücher wie »Deep in Techno. Die ganze Geschichte des Movements«, »Ein Tattoo ist für immer. Die Geschichte der Tätowierung in Deutschland«, »Piercing Intim« sowie die Biografien »Tattoo-Theo. Der Tätowierte vom Kiez«, »Nina Hagen. That's Why The Lady Is A Punk«, »Lude. Ein Rotlicht-Leben«, »Sido. Ich will mein Lied zurück« sowie »I don't have a gun. Die Lebensgeschichte des Kurt Cobain«, die ich unter meinem richtigen Namen
Marcel Feige veröffentlichte.
2005 erfüllte sich der Traum meiner Kindheit. Seitdem schreibe ich vorwiegend Geschichten: Romane, Thriller & Krimis, in denen ich als Martin Krist - natürlich - den urbanen Themen unserer Zeit treu bleibe.
That's life!